Das Problem daran, ein Leben zu haben, und Freunde, und irgendwie keinen Grund mehr, abends allein im Zimmer zu sitzen, ist, dass man keine Zeit mehr für Selbstmitleid hat. Wenn meistens Menschen um einen herum sind, und überwiegend nette Menschen, mit denen man gern Zeit verbringt, dann ist entweder für den Moment tatsächlich alles in Ordnung, oder aber man hat zumindest zu viel zu tun, viel zu viel Umgebung, um zu merken, dass nicht alles in Ordnung ist.
Und dann sind es die kleinen Momente zwischendurch, die, die du nicht kommen siehst und die dich überraschen, die plötzlich da sind, und dann hast du auf einmal einen Moment für dich allein, huch, wo kommt der denn her.
Und dann fällt dir auf, wie lange du schon nicht mehr allein mit dir und deinen Gefühlen warst. Und oh, da ist ja immer noch Traurigkeit. Und oh, eigentlich ist es ja ganz schön scheiße, unerwiderte Gefühle für jemanden zu haben. Stimmt ja. Mist. Und was jetzt?
Und dann würdest du am liebsten heulen, aber das geht nicht, du musst ja in ner halben Stunden präsentabel zur Chorprobe erscheinen oder sitzt in der U-Bahn oder läufst durch Karstadt.
Und dann machst du ein Date mit deiner Traurigkeit und deinem Selbstmitleid. "Bis heute abend noch durchhalten, und dann nehme ich mir ein trauriges Buch und eine Schale voll Apfelmus und lege mich ins Bett und heule. Aber bis dahin noch durchhalten. Den Rest des Tages hast du doch auch nichts gemerkt." Ein Plan, aber auf Dauer macht das auch keinen Spaß.
Das ist also ein Vorsatz. Mir Momente nehmen, um mal kurz hinzuhören. "Hey. Wie geht es mir eigentlich gerade?" Mir Zeit nehmen für das Traurigsein. Zeit, in der ich mich mal ganz mit mir beschäftigen kann, ohne Ablenkungen, ohne daran zu denken, was meine Umgebung jetzt wohl denkt, oder wie ich nachher meine roten Augen erkläre, oder dass es doch gerade ganz lustig und nett ist, jetzt stell dich mal nicht so an.
Momente, in denen ich mich ganz bewusst anstelle und anstellen darf. Sowas.